Sehr geehrter Herr Bürgermeister, sehr geehrte Damen und Herren,
„Ich verpflichte mich, dass ich meine Aufgaben nach bestem Wissen und Können wahrnehmen, das Grundgesetz, die Verfassung des Landes sowie die Gesetze beachten und meine Pflichten zum Wohle der Gemeinde erfüllen werde.“
Mit diesen Worten wurden wir im letzten Jahr verpflichtet.Lassen Sie uns einen kleinen Faktencheck machen, ob wirklich alle dieser Verpflichtungsformel zum Wohle der Gemeinde gerecht geworden sind.
Ich habe hier die Wahlprogramme vorliegen. Ich zitiere:„Ich möchte Anreize setzen, dass mehr Menschen in Greven das Fahrrad oder den ÖPNV nutzen.“ (Wahlprogramm Dietrich Aden)
Was ist passiert?
Wir Grünen haben beantragt, die Bushaltestellen attraktiver zu machen und mit bedarfsgerechten Wartehäuschen und Fahrradständern auszustatten.Einige Negativbeispiele für Bushaltestellen hatten wir unserem Antrag beigefügt.Leider wurde unser Antrag von der Verwaltung und den anderen Fraktionen abgelehnt.Wir meinen, dass zu einem attraktiven ÖPNV auch attraktive Haltestellen gehören.
Die CDU schrieb in ihrem Wahlprogramm zur Kommunalwahl:„Kulturprofil schärfen und Vielfalt erhalten.“Unserem Antrag auf externe Moderation eines Kulturplanungsprozesses konnten sie dennoch nicht folgen.
Ein weiteres, interessantes Wahlversprechen findet sich im Flyer von …unserGreven:„konstruktiv kritische Begleitung des FMO“Wir freuen uns sehr, wenn sich …unserGreven an dieses Wahlversprechen erinnert und beginnt es umzusetzen statt jährlich hunderttausende Euro hierfür kritiklos durchzuwinken.
Die SPD schreibt in ihrem Wahlprogramm:„Verkehrswege müssen zukünftig aus Sicht von Radfahrern und Fußgängern gestaltet werden.“Warum sie sich dennoch verweigert haben einen Verkehrsversuch zu starten, der auch die viel zu enge Kardinal-von-Galen-Straße als Einbahnstraße ausgewiesen hätte, erschließt sich uns nicht.
Es hat sicherlich für alle gute Gründe gegeben, Wasser zu predigen und Wein zu trinken.Demokratie heißt Kompromisse zu schließen und dass die Mehrheit entscheidet.
Dies hat dazu geführt, dass auch wir einige Punkte unseres Wahlprogramms nicht umsetzen konnten.Die Mehrheit der hier anwesenden Fraktionen war nicht bereit 50.000 € mit einem Sperrvermerk versehen für einen Jugendraum links der Ems in den Haushalt einzustellen.
Irgendwie verständlich, wenn man bedenkt, dass jährlich Geld im Wert von 12 Jugendräumen an den FMO geht.In den strategischen Zielen zum Haushaltsentwurf auf Seite V9 heißt es:„Die Stadtverwaltung Greven unterstützt und fördert das ehrenamtliche Engagement durch die Optimierung der Rahmenbedingungen.“
Ist es zum Wohle der Gemeinde, wenn wir entscheiden, dass Ehrenamtliche wie die Musikvereine oder EFI Miete zahlen müssen, wenn sie städtische Räume für Veranstaltungen nutzen?Ist es zum Wohle der Gemeinde, wenn wir die Erarbeitung eines Konzeptes zur Umsetzung von G9 am Gymnasium um ein weiteres Jahr verschieben, auch wenn der betreffende Jahrgang mittlerweile schon die 8. Klasse besucht?
Ist es zum Wohle der Gemeinde, wenn wir Kinder in Container stecken, weil wir wieder Mal mit den Planungen hinterher hängen?Wir Grünen haben Änderungsanträge gestellt, um vor die Lage zu kommen.Wir möchten die entsprechenden Fachbereiche, die für die Schulen zuständig sind, mit Personal aufstocken.Statt dem nachzukommen wurde uns im Hauptausschuss nahe gelegt, weniger Anträge zu stellen. Soll das also die Lösung sein?
Statt Personal aufzustocken wird die Politik ruhig gestellt?Es ist unser demokratisches Recht und unsere demokratische Verpflichtung uns einzumischen.Und das werden wir auch weiterhin tun.
Einen Antrag auf Erstellung eines Konzeptes zum Anbieten ausschließlich nichtfossiler Energieträger der Stadtwerke abzulehnen mit der Begründung, dass man dies im letzten Jahr ja schon ausführlich diskutiert habe, ist abenteuerlich.Wir nennen uns Klimakommune, verhindern aber den Ausbau von Windkraft vor Ort.
Wir nennen uns Klimakommune, sehen aber keinen Bedarf einer örtlichen Förderung von klimafreundlichem Handeln.Weltweit sehen wir die Katastrophe auf uns zukommen. Hochwasserkatastrophe, Starkregen, Anstieg des Meeresspiegels, Ernteausfälle, Klimageflüchtete.
Greven tut manchmal so, als würde die Klimakatastrophe sie nicht betreffen.Trotz eindrücklicher Erzählungen im Umweltausschuss. Trotz des neuen Berichts des Weltklimarats.Wenn Greven so weiter macht, werden wir in der Earth Black Box nicht einmal eine Randnotiz erhalten.
Es wird irgendwann keine nachfolgenden Generationen geben. Lasst uns den Kampf für das 1,5 ° Ziel endlich Ernst nehmen und gemeinsam aufnehmen.
Liebe Kolleginnen, zum Wohle der Gemeinde haben wir uns verpflichtet.Lasst uns uns dieses immer wieder vor Augen führen, wenn wir Entscheidungen treffen. Zum Wohle der Gemeinde.Nicht zum Wohle des Einzelnen.
Nun noch einige positive Anmerkungen.
Ein Gutes ist, dass wir mit der Gründung der kommunalen Wohnbaugenossenschaft einen wirklich guten Kompromiss zur Schaffung bezahlbaren Wohnraums getroffen haben.
Ein Beispiel dafür, wie gemeinsame Politik funktionieren kann.Als einer der größten, gemeinsamen Erfolge sehen wir die Aufnahme von Geflüchteten aus Moria an.16 Menschen haben wir ein besseres Leben ermöglicht.Die eindrucksvolle Darstellung der schlimmen Biografien von Frau Tenhaken hat uns bestärkt, uns auch weiterhin für die Aufnahme Geflüchteter einzusetzen.
Danke an Frau Tenhaken und Herrn Palomba für die Unterstützung des Ratsantrags und die Umsetzung.Auf den einstimmigen Beschluss zur Aufnahme von Geflüchteten aus Moria können wir stolz sein.
Europaweit warten weitere Menschen unter unmenschlichen Bedingungen auf ein besseres Leben.
Lasst uns wenigstens einigen von ihnen eine Chance in Greven geben. Wir haben Platz!
Ebenfalls als sehr positiv sehen wir, dass der Bürgermeister trotz Anfeindungen und rassistischen Äußerungen beim Thema Minnebuschsiedlung standhaft geblieben ist.
Wir haben auch hier einen guten, interfraktionellen Kompromiss beschlossen. Egal in welcher Wohnsituation man sich befindet: Alle Menschen sind Bestandteil der bunten Stadtgesellschaft Grevens.
Das Beste an unserer Grevener Parteienlandschaft ist, dass wir im Kampf gegen rechts zusammen stehen. Egal ob während des Wahlkampfes ein AfD-Stand in der Stadt durch eine bunte Mauer der Demokratie von uns umgeben wird oder wir uns lautstark den Rechten bei der Schwurbler-Demo entgegenstellen: Bunt statt braun wird hier gelebt!
Ob es nach dem heute beschlossenen Versammlungsgesetz NRW zukünftig noch so problemlos möglich ist, werden wir sehen.
Zum Schluss möchten wir Grünen nochmal betonen, dass uns selbstverständlich an einer kollegialen Zusammenarbeit mit allen Ratsmitgliedern gelegen ist. Mit den vorangegangenen Beispielen haben wir verdeutlicht, was wir gemeinsam erreichen können.
Wir sehen die Vielfalt der vielen politischen Strömungen in unserem Stadtrat als Bereicherung an. Das wollen wir auch so beibehalten. Zum Wohle der Gemeinde.Den Haushaltsentwurf lehnen wir aus den genannten Gründen ab.
Wir wünschen allen schöne Weihnachten.